Antrag des Einwohnervereins St. Georg von 1987 e.V. vom 14.4.2022 für die Sitzung des Stadtteilbeirats St. Georg am 27. April 2022, wo er mit großer Mehrheit angenommen wurde
Betreffend die Wohnungs- und Mietensituation in St. Georg
Der Stadtteilbeirat St. Georg möge beschließen:
Die Bürgerschaft und der Senat (ggfs. auch über den Bundesrat) werden aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen,
• einen großen Anteil bezahlbarer, günstiger Mieten in Hamburg und speziell in St. Georg zu gewährleisten!
• die Berechnungsgrundlagen für den Mietenspiegel und das Wohnlagenverzeichnis grundlegend zu überarbeiten, um alle Mieten zu berücksichtigen und die Bodenpreise und den „Statusindex“ nicht überproportional zu gewichten!
• die Neubauzahlen und den Anteil an Sozialwohnungen des 1. Förderweges in St. Georg zu erhöhen!
• den Abriss günstigen Wohnraumes zugunsten von teuren Neubauten zu verhindern, aus sozialen und auch klimarettenden Gründen!
• soziale Erhaltungsverordnungen zu stärken, über die eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ausgeschlossen und ein wiedereingeführtes Vorkaufsrecht von der Stadt umfassend genutzt wird!
• einen Fonds zur Förderung gemeinschaftlicher Übernahmen von Mietshäusern durch die BewohnerInnen zu schaffen!
• endlich einen MieterInnenschutz für Kleingewerbetreibende gesetzlich zu verankern!
Begründung:
Die Wohnungs- und Mietenlage in St. Georg ist schon seit langem mehr als angespannt. Viele BewohnerInnen leiden unter der Mietenexplosion, können die Umwandlung ihrer Miet- in eine Eigentumswohnung selbst im Einzugsgebiet der Sozialen Erhaltungsverordnung nicht ausschließen. Der Umzug im eigenen Stadtteil – beispielsweise, wenn sich die Familie vergrößert – ist nahezu aussichtslos, auch (die letzten) inhabergeführten Läden werden verdrängt, weil ihnen die Miete mangels MieterInnenschutzes für Gewerbetreibende drastisch erhöht wird und sie keine bezahlbare Alternative vor Ort mehr finden. Das geht so nicht weiter! Und so protestieren wir als vielleicht letzte Generation, die sich noch an bezahlbare Mieten in St. Georg erinnert und sich der Mietenexplosion, dem mangelnden Neubau von Sozialwohnungen und der Verdrängung entgegenstemmt. Und so sieht’s gegenwärtig in St. Georg aus:
• Die durchschnittliche St. Georger Angebotsmiete von 17,02 €/qm verlangt nach einem Mietendeckel.
• Die durchschnittliche Mietensteigerung von 2019/2021 um 7,3 % stellt den Mietenspiegel infrage, da er nur die „veränderten“ Mieten der frei finanzierten Wohnungen der letzten sechs Jahre einbezieht.
• Die Anhebung einiger Straßen in die „gute Wohnlage“ Ende 2021 basiert auf einer Überbewertung der Bodenpreise und des „Statusindex“ in den „Berechnungen“ zum Wohnlagenverzeichnis.
• Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen geht weiter (zuletzt in der Danziger Str.47/51), weil dies § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6 Baugesetzbuch selbst in einem Gebiet mit einer Sozialen Erhaltungsverordnung ermöglicht, wenn den MieterInnen ein 7jähriges Vorkaufsrecht eingeräumt wird.
• Immer mehr umgewandelten und neu gebauten Eigentumswohnungen steht ein unterdurchschnittlicher Anteil neuer Sozialwohnungen gegenüber, nur 190 (= 19,25 %) sind 2011-2020 entstanden.
• Illegale Leerstände und „Ferienwohnungen“ werden im Hotspot St. Georg nur vereinzelt geprüft.
• Der beantragte Abriss des Hauses Brennerstraße 80/82 ist beispielhaft für mangelnde Instandhaltung und die Vernichtung günstigen Mietwohnraumes zugunsten von lukrativen, teuren Neubauten.
• Die drastischen Mieterhöhungen für kleine Läden wie Wohlers, Thiede, Kräuterladen usw. und die jüngsten Kündigungen der LadeninhaberInnen in der Danziger Str. erfordern einen bisher völlig fehlenden MieterInnenschutz für inhabergeführte Läden und einen Gewerbemietspiegel.
Die Liste ließe sich fortsetzen und verlangt nach einer grundlegenden Änderung der Wohnungs- und Mietenpolitik für St. Georg. Maßnahmen zur Verbesserung der Lage können z.T. vom Bezirk, vom Senat und der Bundesregierung veranlasst werden. Unsere zentralen Forderungen richten wir daher an die Fraktionen der Bezirksversammlung (BV) Hamburg-Mitte und der Hamburgischen Bürgerschaft sowie den Senat.