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Erklärung zur ersten Sitzung am 29.11.2023 nach der Auflösung des Stadtteilbeirats St. Georg auf Beschluss der Bezirkskoalition aus SPD, CDU und FDP am 31.1.2023

Wir machen’s kurz:

  1. Der Stadtteilbeirat St. Georg war bis zu seiner letzten regulären Sitzung am 30.11. 2022 der älteste und anerkanntermaßen bestbesuchte Beirat in Hamburg.
  1. Das von der Deutschlandkoalition am 31.1.2023 beschlossene Verfahren zur sog., von oben aufgesetzten „Neuausrichtung des Stadtteilbeirats“ ist gescheitert. Entgegen der verkündeten und auch uns unserer Sicht richtigen Zielsetzung, mehr Menschen und neue Gruppen zu gewinnen, haben sich auf den auch erst auf Druck konzedierten drei Workshops des Bezirksamtes zusammen gerade so viele BesucherInnen eingefunden, wie auf jeder gut besuchten Stadtteilbeiratssitzung. An den von der Lawaetz-„Moderatorin“ anberaumten beiden Vorbereitungstreffen für die heutige Sitzung haben sich gerade mal 2 bzw. 3 Personen beteiligt. Es hat unterm Strich keine erkennbaren Bemühungen gegeben, den Kreis der aktiv Beteiligten an den Beiratssitzungen zu erweitern.
  1. Das nährt die Zweifel bzw. bestätigt die Befürchtungen, dass es bei der „Neuausrichtung“ gar nicht um eine Erweiterung des Stadtteilbeirats ging, sondern um seine Zurichtung zu einem stromlinienförmigeren Gremium. Die faktische Halbierung der „Beteiligung“ auf fünf Sitzungen zu je zwei Stunden pro Jahr, die angekündigte Begrenzung auf ein durch „ExpertInnen“ eingeleitetes Thema und einen Antrag dazu und gleichzeitig das zeitraubende methodische Zerfasern der eh schon kurzen Sitzung wird der vielfältigen Problemlage in St. Georg in keiner Weise gerecht.
  1. Ein Jahr lang ist dem Stadtteil die Möglichkeit genommen worden, zu aktuellen Entwicklungen Position zu beziehen und Forderungen zu erheben. Aber darum ging’s ja auch, endlich Schluss damit zu machen, dass der Stadtteilbeirat zu verschiedenen St. Georger Fragen Stellung nimmt und vom Bezirk Änderungen verlangt. Aus dem sich unabhängig verstehenden Stadtteilbeirat ist nun offenbar ein Stadtteilbeirätchen von bezirklichen Gnaden Mit der allenthalben betonten BürgerInnenbeteiligung hat das nichts mehr zu tun. Im Gegenteil, die vom Bezirk mehrheitlich gewollte und von Lawaetz umgesetzte „Neuausrichtung“ ist weniger als wir vorher hatten. Die Gräben sind damit vertieft worden, Bemühungen um eine einvernehmliche Lösung hat es nicht gegeben, jegliche Entschuldigung ist unterlassen worden, neues Vertrauen ist nicht aufgebaut, alle Änderungsvorschläge sind in den Wind geschlagen worden. Die Lust zur Teilnahme ist vielen von uns vergangen. Dabei hätten wir immer an einer konstruktiven Verbesserung der Beiratsarbeit mitgewirkt. Aber nicht so.
  1. Das ganze Verfahren ist für die gut 50 Hamburger Stadtteilbeiräte einmalig, so viel Eingriff in deren Beteiligungsstruktur und Autonomie war nie.

Positionspapier zur „Neuausrichtung“ des Stadtteilbeirats

Das sind die Punkte, die der Einwohnerverein auf der vom Bezirk einberufenen Versammlung zur „Neuausrichtung“ des Stadtteilbeirats St. Georg am 5. April einbringen will:

Positionspapier zur „Neuausrichtung“ des Stadtteilbeirats St. Georg
anlässlich der Bezirk-Mitte-Veranstaltung am 5.4.2023 in der Paula

  1. Wir sprechen uns für einen selbstbewussten, starken Stadtteilbeirat aus, der als Säule der Stadtteildemokratie die Interessen und Bedarfe der St. GeorgerInnen diskutiert, zusammenfasst und per Antrag an die entsprechenden Stellen (Bezirk, Senat…) weiterreicht.
  2. Ernst gemeinte, demokratische Beteiligung setzt bestimmte Standards voraus:
  3. * jährlich 10 Sitzungen, auch gerne etwas kürzer,
    * professionelle Moderation,
    * professionelle Protokollführung,
    * regelmäßige Beteiligung von Bezirksamtsvertreter:innen,
    * darüber die Weiterverfolgung der Beiratsanliegen und -beschlüsse.
  4. Wir wollen keine Verkleinerung des Stadtteilbeirats mit seinen bisher 18 stimmberechtigten Mitgliedern. Eher kann daran gedacht werden, diese Zahl zu erhöhen oder ggfs. – wie in vielen anderen Beiratsgremien üblich – alle Anwesenden als stimmberechtigt zu betrachten, wenn sie – sagen wir – dreimal auf einer Beiratssitzung zugegen waren. Dieser Punkt ist ebenso diskutabel, wie die Idee, dass BezirkspolitikerInnen auf der Beiratssitzung kein Stimmrecht haben, da sie ja die Haltung des Stadtteils kennenlernen sollen, um darüber auf bezirklicher Ebene dann weiterzuverhandeln.
  5. Wir wollen und benötigen eine aktive Beteiligung von BezirksamtsvertreterInnen, die auch regelmäßig über stadtteilbezogene Entwicklungen informieren und die Umsetzung der Empfehlungen verfolgen Das vom Bezirk laut Beschluss des Hauptausschusses vom 31.1.2023 anvisierte „Ziel selbsttragender Strukturen“, also die „Übernahme vollständiger Eigenverantwortung“ in dem vom Bezirk gemeinten Sinne lehnen wir ab.
  6. Wir wollen keine Verkleinerung des Stadtteilbeirats mit seinen bisher 18 stimmberechtigten Mitgliedern. Eher kann daran gedacht werden, diese Zahl zu erhöhen oder ggfs. – wie in vielen anderen Beiratsgremien üblich – alle Anwesenden als stimmberechtigt zu betrachten, wenn sie – sagen wir – dreimal auf einer Beiratssitzung zugegen waren. Dieser Punkt ist ebenso diskutabel, wie die Idee, dass BezirkspolitikerInnen auf der Beiratssitzung kein Stimmrecht haben, da sie ja die Haltung des Stadtteils kennenlernen sollen, um darüber auf bezirklicher Ebene dann weiterzuverhandeln.
  7. Der Gewinnung neuer Besucher:innen – insbesondere aus den Bereichen unterrepräsentierter Gruppen wie MigrantInnen, junge Menschen usw. – stehen wir natürlich positiv gegenüber.
  8. Der Beirat muss in seiner Schwerpunktsetzung und Themenfindung selbstverständlich autonom entscheiden können. Eine Beschränkung seiner Themen – in der Formulierung des Hauptausschusses vom 31.1.2023 wird das mit den Worten „Konzentration auf Aufgaben in der Stadtentwicklung“ umschrieben – lehnen wir ab.
  9. Die Praxis, Beschlüsse des Stadtteilbeirats lediglich „zur Kenntnis zu nehmen“, widerspricht dem Ernstnehmen engagierter Beiratsarbeit und -ergebnisse und führt auch die Entscheidungskompetenz des Bezirks ad absurdum. Wir wollen klare Stellungnahmen.
  10. Eine neue Geschäftsordnung brauchen wir nicht, für die Aushandlung der alten, also gültigen haben wir ein Jahr benötigt. Angezeigt sind allenfalls redaktionelle Änderungen. Die womöglich beabsichtigte Streichung des bisherigen Passus, in dem dem Beirat die Möglichkeit von Statements an die diejenigen Stellen und Akteur:innen eingeräumt wird, die er für angemessen hält, lehnen wir ab.
  11. Eine weitere Debatte oder gar eine Beschlussfassung über einen „neu ausgerichteten“ Beirats darf es ohne Beteiligung des bisherigen Stadtteilbeirats nicht geben. Es ist mehr als nur eine einmalige Diskussion und Ideensammlung nötig, um eine „Neuausrichtung“ des ältesten Hamburger Gremiums dieser Art mit den vor Ort engagierten Menschen auf Augenhöhe zu vereinbaren.

Einwohnerverein St. Georg von 1987 e.V.