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Antrag zum Erhalt der Wochenmärkte

BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG                                              Drucksache 21/

  1. Wahlperiode 15.1.2020

Antrag

der Abgeordneten Heike Sudmann, Stephan Jersch, Sabine Boeddinghaus, Cansu Özdemir, Deniz Celik, Martin Dolzer, Dr. Carola Ensslen, Norbert Hackbusch, Christiane Schneider, Mehmet Yildiz (Fraktion DIE LINKE)

Betr.:         Wochenmärkte erhalten!

Neben 40 privaten sind es vor allem die rund 60 städtischen Wochenmärkte, die in verschiedenen Stadtteilen einen zentralen Beitrag zu Nahversorgung der Menschen liefern, gerade auch dort, wo in den vergangenen Jahren die Ladenstruktur mangels Schutzes des inhabergeführten Kleingewerbes weggebrochen ist. Wochenmärkte sind darüber hinaus aber auch anerkanntermaßen wichtige Orte des Stadtteillebens und der Kommunikation. Und nicht zuletzt gewinnen die Wochenmärkte auch unter ökologischen und klimapolitischen Gesichtspunkten weiter an Bedeutung, sorgen die Marktbeschicker_innen doch für ein günstiges Angebot mit im Umland entstandenen Produkten, bei denen auf aufwendige (Plastik-) Verpackungen weitestgehend verzichtet werden kann.

Doch bei aller Wertschätzung der Wochenmärkte sind diese mit dem so genannten Kostendeckungsprinzip konfrontiert, das laut Hamburgischem Gebührengesetz vorsieht, „Benutzungsgebühren (…) als Gegenleistung für die tatsächliche Inanspruchnahme (Benutzung) öffentlicher Anstalten, Einrichtungen oder Anlagen“ zu erheben. Weil einige Märkte im Bezirk Hamburg-Mitte eine deutliche Kostenunterdeckung aufweisen, schlug das zuständige Fachamt im Herbst vergangenen Jahres vor, die Marktgebühren zu erhöhen und einige Märkte bzw. Marktzeiten zum Jahreswechsel einzustellen (Drs.-Nr. 22-0135.1 vom 1.10.2019). Auch wenn diese Pläne vorerst offenbar vom Tisch sind, auch wegen der einheitlichen Ablehnung seitens aller Bezirksfraktionen und erster Proteste von Bürger_innen, steht das Problem der mangelnden Kostendeckung ungeklärt im Raum.

Vor diesem Hintergrund und zur Absicherung der teilweise seit Jahrzehnten bestehenden Wochenmärkte bedarf es einer grundsätzlichen Neuregelung.

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

Der Senat wird aufgefordert,

  1. von der Einstellung einzelner Märkte oder Marktzeiten abzusehen.
  2. hamburgweit die Höhe der Kosten bei den Wochenmärkten zu evaluieren und Maßnahmen zu ihrer Senkung zu entwickeln (z.B. durch Übertragung bestimmter Aufgaben auf die Marktbeschicker_innen) und dafür auch die nötigen Voraussetzungen zu schaffen.
  3. die Bezirke überprüfen zu lassen, inwieweit bei den einzelnen Märkten die Gebühren moderat erhöht werden können, ohne die Marktbeschicker_innen in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu bedrohen bzw. die Preise so hochzutreiben, dass die Marktbesucher_innen ausbleiben.
  4. der hohen Bedeutung der Wochenmärkte für die Nahversorgung, die Kommunikation und die klimagerechte Einkaufsmöglichkeit Rechnung zu tragen und das Gebührengesetz im § 6, Abs. 3, bzw. die dazu gehörige Rechtsverordnung dahingehend abzuändern, bei Wochenmärkten vom Kostendeckungsprinzip abzugehen und die Sätze bei den einzelnen Gebühren aus sozialen und ökologischen Gründen zu senken.
  5. etwaige Kostendeckungslücken über einen neuen Etatposten bzw. eine neue Produktgruppe im Hamburger Haushalt zu finanzieren.
  6. die Hamburgische Bürgerschaft bis zum 30. Juni 2020 über den Stand in Sachen Wochenmärkte zu informieren.

 

Erklärung von Anwohner*innen zum Fragebogen des DISW

ANMERKUNGEN zur Evaluation – Anwohner*Innenbefragung in St. Georg

St. Georg, den 15.8.2019

Der Fragebogen erhebt den Anspruch, Informationen von Anwohner*innen zur Aufenthalts- und Lebensqualität im Stadtteil zu evaluieren.
Wie das so ist bei quantitativen Befragungen gibt’s nachher wenig Überraschungen.
Das liegt in der Natur der Sache, meint, wer keine offenen Fragen stellt, erspart sich viel Arbeit bei der Auswertung, gewinnt vermeintliche Objektivität und eine höhere statistische Relevanz; leider geht ihm dabei ein Teil der Wirklichkeit durch die Lappen.
Um Konkret zu werden: Die Frage etwa, ob jemand schon einmal die Polizei verständigt habe, wird in etlichen Fällen sicher mit Ja beantwortet. Das hat aber keine statistische Aussagekraft.
Wer zuvor in einer anderen Straße St. Georgs wohnte, konnte unter anderen Umständen genauso häufig wie jetzt am Hansaplatz die Polizei bei Streitereien und Lärm verständigen. Nur kam der dann aus den Eigentumswohnungen der rücksichtlosen Nachbarn.
Und wie lässt sich herausfinden, „wie es sich in St. Georg als Anwohner*in lebt“, wenn der Fragebogen nicht einmal vorsieht, die aktuell installierte Kameraüberwachung am Hansaplatz explizit zu thematisieren?
Es gibt mehrere Fragekomplexe, die „Störungen“ zu ergründen suchen. Wie kann es sein, dass trotz all dieser Störungen Menschen gern am Hansaplatz wohnen?
Ergibt die Addition von Negativaussagen eine politische Handlungsperspektive jenseits von Ausgrenzung, Überwachung und Kontrolle?
Hat sich durch die Umgestaltung des Platzes die Lebens- und Wohnsituation geändert, vielleicht sogar verbessert?

Kurzum, selbst wenn der oder die Befragte alles mit Bedacht beantwortet, lassen sich dadurch weder Entwicklungen abbilden, noch lassen sich dadurch qualitative Aussagen über die Lebens- und Wohnqualität der jeweiligen Akteure und Anwohner*Innen am Hansaplatz gewinnen. Schachtisch & Schaukel als Gestaltungsperspektive schaffen keine Änderung der grundsätzlichen Probleme. Was aber sind die grundsätzlichen Probleme? Nur ein Hinweis: Es soll Anwohner*Innen geben, denen das Erscheinungsbild der Sexarbeiter*Innen egal ist, die sich aber daran stören, das in gelbe Westen gewandete Ordnungskräfte permanent Personenkontrollen durchführen. Sie selbst würden bestreiten, dabei Racial Profiling zu betreiben. Der Effekt ist entscheidend und politisch erwünscht: Kontrolle, Ausgrenzung, Vertreibung.

Fragen zur „Aufenthalts- und Lebensqualität“ ergeben nur Sinn, wenn ich Veränderungen anstrebe. Da landen wir wieder beim Spielplatz und bei der Blindstelle dieser Evaluierung: Diejenigen, die ohnehin ausgegrenzt werden sollen, sind es schon qua Nichtbefragung.

Handlungsrelevant könnte diese Untersuchung werden, stellte man ihr die Befragung der Sexarbeiter*innen gegenüber. Das setzt methodologisch voraus, Raum für offene Fragen zu schaffen, die imstande sind, Prozesse abzubilden und die sich berührenden und teils konträren Lebenswelten mit ihren je eigenen Erfahrungen und Interessen zu Wort kommen zu lassen.

Harald Heck, Anwohner

UnterzeichnerInnen:
Unterzeichnet von 31 St. Georger*Innen, überwiegend Anwohner*innen am Hansaplatz