Erklärung des Hamburger Netzwerks
Recht auf Stadt, unterstützt vom Einwohnerverein St. Georg (10.2.2016)
Migration findet Stadt. Gegen die Hysterie – für eine andere Planung.
Was wir am derzeitigen Notstandsurbanismus kritisieren und warum wir einen „Volksentscheid gegen Großunterkünfte“ für Flüchtlinge für falsch halten.
1. Ein Volksbegehren über Wohnunterkünfte für Geflüchtete, bei dem die Geflüchteten nicht abstimmen können? Geht gar nicht.
Asylbewerberinnen und -bewerber sind nicht wahlberechtigt und können bei einem Volksentscheid nicht mitmachen. Die Anwohnerinnen und Anwohner, die sich in den „Initiativen für Integration“ organisiert haben, erklären zwar, sie handelten auch „im Interesse der Flüchtlinge“, wenn sie gegen den Bau von Großsiedlungen vorgehen. De facto bleiben die Geflüchteten ausgesperrt. Ein solcher Volksentscheid ist ein Angriff auf die elementaren Rechte der Geflüchteten – und ein Angriff auf das Recht auf Stadt.
2. Die Not in den Lagern duldet keinen Aufschub
Die elende Situation in den Containern, Lagerhallen, Ex-Baumärkten und anderen Massenunterkünften muss so schnell wie möglich behoben werden. Auch wenn wir Kritik an der Ausgestaltung der Planung haben: Es ist eine richtige Entscheidung, dass der Hamburger Senat schnell agiert. Hamburg braucht bis 2016 rund 79.000 Plätze. Und das ist nur die offizielle Zahl. Die Not in den Lagern muss durch Umbau von Bestand und durch Neubau behoben werden. So schnell, so viel, so zentral, so hoch wie eben nötig und möglich.
3. Die Gegenvorschläge können die Notmaßnahmen nicht ersetzen.
Um das zu erreichen, kann es auch angemessen sein, Wohnungen per Polizeirecht durchzusetzen. Verließe sich der Senat allein auf das normale Planrecht, könnte es Jahre dauern, bis die benötigten Unterkünfte gebaut würden. Dass es viele gute Gründe gibt, skeptisch gegenüber den neuen Wohnsiedlungen zu sein, ist unbenommen. Sie liegen zumeist am Stadtrand, sind architektonisch oft eher einfallslos, man hat bisher zu wenig Anstrengungen unternommen, um die Communities vor Ort zu involvieren – schon gar nicht die Refugees, die hier wohnen sollen. Trotzdem: Die Gegenvorschläge der protestierenden Anwohnerinnen und Anwohner und der in der IFI organisierten Inis reichen nicht, um die Geflüchteten mit Wohnraum zu versorgen. Ein „Viertelmix“ im Geschosswohnungsbau (25% Wohnungen für Geflüchtete) oder die „Angebote der Grundeigentümer“, die die Stadt angeblich ausschlägt, sind allenfalls eine Ergänzung zu den notwendigen Baumaßnahmen – und als solche müssen sie ernsthaft diskutiert werden, genau so wie die Flächen, die die Initiativen vorschlagen. Aber: Mit einer „Überall bloß nicht hier“-Haltung ist ein Volksentscheid nichts anderes als eine lokale Obergrenzen-Diskussion.
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